Eine Ausbildungswilligkeit ist nicht nachgewiesen, wenn ein 21-jähriger, der seine Ausbildung als Hotelfachmann aus eigener Entscheidung während der Corona-Pandemie unterbrochen hat, nicht bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend gemeldet war und sich auch nicht ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemühte, weil er aufgrund der Corona-Pandemie keine Chancen für eine Fortsetzung seiner Ausbildung sah. So entschied das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (Az. 5 K 71/23).
Im Streitfall befand sich der Sohn des Klägers seit dem 01.08.2019 in einer Ausbildung zum Hotelfachmann. Auf Betreiben des Ausbildungsbetriebes wurde dieses Ausbildungsverhältnis mit Aufhebungsvertrag zum 30.04.2021 vorzeitig beendet. Der Kläger gab an, für seinen Sohn habe es im Hinblick auf die coronabedingten Kontaktbeschränkungen keinen Sinn ergeben, im Anschluss an den Aufhebungsvertrag in der gleichen Branche einen Ausbildungsbetrieb zu suchen, der die Ausbildung fortgesetzt hätte. Seiner Einschätzung nach habe erst zum 01.08.2022 wieder eine reelle Chance für eine Ausbildungsfortsetzung bestanden. Insoweit habe sich der Sohn des Klägers gezwungen gesehen, nach einer Überbrückung zu suchen. Er meldete sich für eine kurze Zeit arbeitsuchend und nahm dann eine Aushilfstätigkeit in einem Hotelbetrieb in der Schweiz an. Im Januar 2022 kehrte er wegen des Ablaufs seiner Aufenthaltsgenehmigung nach Deutschland zurück. Zum 01.08.2022 begann er dann eine Ausbildung in einem Dachdeckerbetrieb. Die beklagte Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes auf und forderte zugleich für den Zeitraum ab Mai 2021 Kindergeld zurück.
Die dagegen gerichtete Klage blieb vor dem Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht erfolglos. Die Berücksichtigungsvoraussetzungen gem. § 32 Abs. 4 EStG seien nicht erfüllt gewesen. Eine analoge Anwendung von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG auf Fälle, in denen der Zeitraum zwischen zwei Ausbildungsabschnitten aufgrund der Corona-Pandemie 16 Monate beträgt, scheide mangels einer planwidrigen Regelungslücke aus. Einer planwidrigen Regelungslücke stehe die im Gesetz eindeutig normierte Viermonatsfrist entgegen. Soweit in Folge der Corona-Pandemie und mithin aus objektiven Gründen eine Ausbildung nicht fortgesetzt werden konnte, könne zwar ein Anspruch auf Kindergeld gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG entsprechend der Rechtsprechung zur Unterbrechung der Ausbildung infolge Krankheit und Mutterschutz gegeben sein. Im Streitfall habe der Sohn des Klägers den Aufhebungsvertrag jedoch aus eigenem Entschluss angenommen. Im Hinblick auf die Unkündbarkeit seines Ausbildungsvertrages habe die Möglichkeit bestanden, die Ausbildung fortzusetzen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision ist beim Bundesfinanzhof anhängig (Az. III R 20/24).
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